Der 26-jährige Offensivmann Leonardo Bittencourt ist die positive und energiegeladene Kraft bei SV Werder Bremen. Er ist in Leipzig geboren und hat sowohl die brasilianische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Sein Vater ist ein ehemaliger brasilianischer Fußballprofi. Franklin Bittencourt spielte in Brasilien und Deutschland und hat „Leo“ schon in jungen Jahren viel auf- und außerhalb des Platzes beigebracht. In der Bundesliga zählt Leonardo schon lange als routinierter Kämpfer mit vielfältigen technischen Fähigkeiten. Mit Life After Football Niederlande sprach er für eine Ausgabe in 2016 über sein Leben, seinen Glauben und seine Zukunft. Wir haben das Interview und Bildmaterial aus dem Archiv geholt und präsentieren es hier.
Welche typisch brasilianischen und typisches deutschen Eigenschaften könnte man dir zuschreiben?
Typisch brasilianisch wäre das innere Glück – obwohl ich das eigentlich von meinen beiden Eltern mitbekommen habe: Sie haben eine wahnsinnige positive Energie, die einfach mitreißt. Die Menschen in Brasilien denken meistens positiv – sie sind echte Optimisten. Aber wie kann das bei dem sonnigen Wetter auch anders sein? Für mich ist das Glas immer halb voll und nie halb leer und diese Einstellung nehme ich in mein Fußballtraining mit. Meine Teamkollegen und ich arbeiten immer mit viel Freude auf dem Platz. In der Mannschaft kommen ein paar wirklich großartige Charaktere zusammen, und das macht einfach viel Spaß, obwohl wir wirklich hart arbeiten. Was meinen deutschen Teil betrifft: Ich bin wirklich effizient! Ich achte sehr auf meinen Zeitplan und möchte so professionell wie möglich sein. Ich bin der Meinung, dass die Kombination aus meiner positiven brasilianischen Art und meiner deutschen Effizienz zu einer perfekten Einstellung führt.
Gibt es eine bestimmte Sache oder Person, die dich dazu bringt, noch eine Schippe draufzulegen?
Ich war schon immer sehr motiviert. Es ist etwas, das von innen kommt. Mein Vater war in meiner Jugend eine große Inspiration für mich. Ich denke, die Personen, die mich täglich dazu bringen, an mein Limit zu gehen, sind meine Trainer.
Woran denkst du, wenn du unter Druck stehst?
Ich bin dann sehr konzentriert. Es ist, als würde man in den „Tunnelblick“ gehen und sich nur auf das Spiel konzentrieren. In diesen Momenten vergesse ich alles andere, weil dann nichts anderes wichtig ist.
Hast du vor einem Spiel eine bestimmte Routine?
Ja, sicher. Ich höre gerne meine Lieblingsmusik – sie hebt meine Stimmung und gibt mir positive Energie. Ich mag Drake, The Weeknd, manchmal sogar Justin Bieber. Für einen kreativen Spieler ist Inspiration immer wichtig und Musik inspiriert mich. Ich glaube, das habe ich auch aus Brasilien.
Dein Vater war auch Fußballprofi und ist jetzt Trainer. Was war das Erste, das er in dir sah, als er merkte, dass du ein Talent hast?
Ich war nie der Größte – bezogen auf meine Körpergröße –, aber ich bin ein großer Kämpfer. Wenn du physisch nicht der stärkste Spieler bist, brauchst du technische Exzellenz, um die anderen zu übertreffen. Mein Vater sah diesen Kampfgeist und pushte mich, immer besser zu werden. Er hat mich dazu gebracht, nach Spitzenleistungen zu streben.
Hat dir dein Vater etwas Bestimmtes mitgegeben, das du auf dem Feld umsetzt?
Natürlich. Als er aktiv war, war er sehr beliebt. Er hat eine großartige Persönlichkeit und eine wirklich gute Einstellung auf dem Platz. Er gab nie auf und war immer sehr dankbar und loyal. Das sind Dinge, die er mir mitgegeben hat.
Bist du religiös?
Auf jeden Fall! Ich bete und an meinen Tätowierungen lässt sich die starke Beziehung erkennen, die ich zu Gott habe.
An was glaubst du?
Zunächst einmal glaube ich an die Macht der Familie. Ich habe eine sehr starke Beziehung zu meinen Eltern und meinem Bruder. Wir versuchen, viel Zeit miteinander zu verbringen. Unser enger Kreis ist mein Fundament! Neben meiner Frau Saskia fühle ich mich stark. In unserer Familie ist Vertrauen sehr wichtig – wir stärken uns immer gegenseitig den Rücken. Das hilft mir, besonders in schwierigen Zeiten. Darüberhinaus suche ich in meinem Verein auch nach diesem besonderen familiären Zusammenhalt.
Kannst du beschreiben, was Religion für dich bedeutet?
Religion ist ein Gefühl. Es ist ein Gefühl, nicht allein zu sein. Gott hat Vertrauen in dich, ebenso wie du Vertrauen in Gott hast. Er ist auf deiner Seite. Ich denke auch, dass die christliche Gemeinde ein guter Kreis ist. Für mich ist die Kirche nicht nur ein heiliger Boden, sondern auch ein wichtiger Ort. Ich habe daher auch vor drei Jahren kirchlich geheiratet.
Ein Profisportler zu werden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die starke Mentalität erfordert. Was war deine Philosophie, um dorthin zu gelangen, wo du jetzt bist?
Ich denke, du solltest niemals zufrieden sein und deshalb niemals aufhören zu lernen.
Kannst du eine Person nennen, an die du von Herzen glaubst?
Das ist einfach: meine Frau Saskia. Wir kennen uns seit unserer Jugend und ich fühle mich stark, wenn ich sie an meiner Seite habe. Sie ist eine wundervolle Ehefrau und Mutter. Vor zwei Jahren sind wir Eltern unserer kleinen Tochter geworden und erwarten gerade wieder Nachwuchs. Ich liebe Kinder und bin fest davon überzeugt, dass Kinder unseren Planeten zu einem Ort machen, an dem das Glück niemals stirbt.