Der Fotograf Max Galys hat es sich zum Ziel gemacht, mit dem festgefahrenen Content-Einheitsbrei im Fußballbereich zu brechen. Er hält die Spiele von Eintracht Frankfurt und der Frauen Nationalmannschaft fotografisch fest. Vom Spielfeldrand aus fängt er Momente ein, die eine ungewöhnliche Perspektive auf den Sport und ihre Akteure gewähren. Genau diese Perspektive zeigen auch seine Fotos, die in Einzelshootings mit Spielern wie Toni Kroos und Pierre-Emerick Aubameyang entstehen.
Ein Fokus deiner Arbeit konzentriert sich auf Sport, insbesondere auf den Fußball. Wie ist es dazu gekommen?
Richtungsweisend war sicherlich der YouTube-Kanal, den ich 2012 mit einem Freund ins Leben gerufen habe. Damals verbrachten wir unsere ganze Freizeit damit, unterhaltsame Fußball-Videos aufzunehmen, zu schneiden und hochzuladen. Durch diesen Kanal bekam ich auch erstmals die Möglichkeit, mit Fußballprofis wie Emre Can und Mats Hummels zu drehen. Auf einem Event lernte ich Konstantin Hert kennen, der mich Ende 2014 zu den „freekickerz“ lotste. Hier genoss ich das Privileg, alle Seiten der Content-Kreation genauer kennenlernen und professionalisieren zu dürfen. In dieser Zeit entwickelte ich eine große Liebe für die Fotografie und beschloss, dieser nachzugehen. Bei diesem Schritt halfen mir natürlich jene Kontakte, die ich in den vorherigen Jahren knüpfen konnte. Es hat zwar einige Zeit gedauert, bis ich schlussendlich auch als Fotograf wahrgenommen wurde, aber heute bin ich sehr glücklich, diesen Schritt gegangen zu sein.
Max Galys
Wie ist deine persönliche Verbindung zum Fußball?
Die Verbundenheit zu diesem Sport entstand auf dem Bolzplatz in meinem Heimatort, auf dem ich gefühlt Tag und Nacht gezockt habe. Hier entstand 2009 auch das erste Stück Fußball-Content von mir. Ich wollte damals unbedingt einen Clip produzieren, der vom Fernsehformat „Galileo Fake-Check” aufgegriffen und auf seine Echtheit „überprüft” wird. Da ich noch weit weg von Spezialeffekt-Programmen war, befestigte ich eine Angelschnur an einem Ball und zog die Schnur durch den Winkel des Tors. Während ich den Ball ins Tor lupfte, rollte ein Freund die Schnur so schnell auf, dass der Ball am Ende im Winkel „eingeklemmt” war. Das ganze Spektakel haben wir dann mit der 3 Megapixel-Handkamera gefilmt und an Galileo gesendet. Ich würde jetzt natürlich gerne schreiben, dass Galileo den Clip ausgewählt und in die Sendung integriert hat, so war es aber leider nicht. Ich habe aber damals die Leidenschaft entdeckt, Ideen einfach umzusetzen und zu meinem großen Glück bin ich in einem Umfeld aufgewachsen, in dem das möglich war. Content und Fußball sind die beiden Leidenschaften, die mich bis heute begleiten.
Fußballer werden oft als oberflächliche, vielleicht sogar prollige und einfache Stereotypen dargestellt und wahrgenommen. Du hast definitiv eine andere Perspektive. Wie ist deine visuelle Herangehensweise?
Wenn ich Fußballer getroffen habe, war das natürlich meistens im Rahmen einer Marketing-Aktivierung der Brand oder des Vereins. Für die Profis ist das eine Pflichtveranstaltung. Es liegt dann meist an der Stimmung und Professionalität des Profis, ob er das Shooting annimmt und das Beste daraus machen will oder eben nicht. In der oft knapp bemessenen Zeit versuche ich schnell, die Stimmung aufzulockern, um eine möglichst authentische Seite des Profis einfangen zu können. Ich glaube, die Kunst liegt darin, ihm nicht das Gefühl zu geben, er sei nur ein Objekt, das von meiner Kamera „abgefertigt” wird. Ich will den Menschen dahinter fotografieren und nicht den Profi auf dem Platz.
Was möchtest du mit deiner Arbeit ausdrücken?
Ich sehe den Reiz oft darin, Emotionen so zu transportieren, dass sie möglichst unverfälscht beim Betrachter ankommen. Die analoge Fotografie hilft mir sehr dabei. Durch sie weiß ich den einzelnen Moment und seine Wertigkeit zu schätzen. Auch wenn ich bei Shootings oft eine digitale Kamera benutze, bleibt diese Wertschätzung erhalten und ich bin mir sicher, dass der Betrachter sie auch wahrnimmt.
In heutigen Zeiten von Social Media und Smartphone-Fotografie sind Fotos ein schnell konsumiertes Gut, an dem man vorbeiscrollt und das man kaum noch wertschätzt. Was macht deiner Meinung nach ein gutes Foto aus, das das Vorbeiscrollen unterbricht und zum Anschauen anregt?
Auch ich hänge viel zu viel auf Instagram herum und rede mir sogar ein, dass das ein Teil meiner Arbeit ist. Fakt ist leider, dass heutzutage die wenigsten auf Instagram gehen, um sich mit dem Content richtig auseinanderzusetzen. Es geht mehr darum, sich abzulenken und zu vergleichen. Ich bleibe nur bei den Bildern hängen, die mich inspirieren und neue Ideen entstehen lassen. Diese Ideen nutze ich dann, um Momente und Geschichten in einer neuen Art fotografisch zu inszenieren und festzuhalten.
Wie macht man ein inspirierendes Foto?
Der von Instagram leicht verursachte Bestätigungsrausch hat mich oft daran gehindert, genau das fotografisch umzusetzen, was ich wollte. Natürlich ist eine gewisse Bestätigung für deine Arbeit von großer Bedeutung, jedoch hemmt sie dich auch dabei, neue Wege zu gehen. Wege, die vielleicht bei der breiten Masse erst einmal nicht gut ankommen. Natürlich kann ich keine Universallösung für die Frage geben, denn jede Zielgruppe tickt anders. Aber ich versuche immer einen gesunden Mix zu finden, um neue Wege zu gehen, die zumindest für die Hälfte der Betrachter verständlich sind.
Im Zuge von Covid-19 machen wir uns alle Gedanken darüber, wie wir unsere Arbeit noch digitaler gestalten können. Wie ist deine Antwort auf diese Herausforderung als Fotograf?
Fotografen werden digital gefunden, digital beauftragt und der Output wird oft nur digital verwendet. Eigentlich findet der Beruf des Fotografen ohnehin zu einem großen Teil in der digitalen Welt statt. Der wirklich wichtige Teil jedoch bleibt immer kreativ und offline. Gerade Letzteres stellt in Zeiten von Ausgangsperren und Kontaktverbot jedoch eine nahezu nicht zu überwindende Hürde dar. Aber auch ich bin meistens in der Not am kreativsten und glaube, dass in dieser Situation neue Formen der Fotografie entstehen werden. Außerdem kann die Zwangspause genutzt werden, um seinen eigenen digitalen Auftritt zu verbessern und neue Konzepte für die Zeit nach Corona zu erarbeiten.