Marco Justus Schöler ist Fotograf mit dem Fokus auf Portrait, People, Celebrity und Sport. Er ist in der Nähe von Mannheim und Heidelberg aufgewachsen und lebt seit rund zehn Jahren in Berlin. Dort hat er das „Studio Morrow“ gegründet, mit dem er Fotoproduktionen und Ausstellungskampagnen plant und umsetzt.
Seit vier Jahren konzentriert sich Marco Justus Schöler mit seiner Fotografie unter anderem auf den Fußball. Wir haben mit ihm über seine Arbeit gesprochen.
Ein Fokus deiner Arbeit konzentriert sich auf Sport, insbesondere auf den Fußball. Wie ist es dazu gekommen?
Ja, ein Teil meiner Arbeiten ist tatsächlich Fußball-lastig. Dieser Bereich ist in den letzten vier Jahre gewachsen. Angefangen hat das Ganze 2016, als ich eine Anfrage von einem bekannten Sneakermagazin bekam, ob ich nicht Lust hätte, Mats Hummels mit dem neuesten Adidas-Fußballschuh zu fotografieren. Das Shooting fand im Düsseldorfer Adidas Showroom statt, neben Mats waren auch Thomas Müller und Mesut Özil vor Ort, um zum ersten Mal die Adidas “Confed Cup 2017”-Kollektion anzuschauen. Letztendlich lief es so gut, dass mir der DFB und Adidas erlaubt haben, zusätzlich zu Mats Hummels die beiden anderen Spieler für jeweils zwei bis drei Minuten zu fotografieren.
Wie ist deine persönliche Verbindung zum Fußball?
Ich glaube sehr untypisch. Wenn mir jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, dass ich mal Fußballer fotografieren werde oder wöchentlich Fußball schaue und verfolge, dann hätte mein 20-jähriges Ich das nicht geglaubt. Ich war noch nie ein Fan von Ballsport – weder in der Schule noch in meiner Freizeit. Ich war schon immer eher der Brettsportler. Aus sportlicher Sicht war Fußball einfach nie meine Stärke. Vor sechs Jahren habe ich in San Francisco ein Baseballspiel von den Giants vs. Phillies besucht. Ich war zum ersten Mal in Amerika und war fasziniert von der amerikanischen Fankultur. All die Klischees waren Realität. Mit Giants-Merch zugehangene Fans, überall Hotdogs mit massiv zu viel Sauerkraut darauf, Light Beer aus 1‑Liter-Bechern und übergewichtige Amerikaner, die sich unbekannterweise nach dem Spiel in den Armen liegen. Ich fand das persönlich und fotografisch so toll, dass ich dieses Gefühl nach der Rückkehr in Deutschland irgendwie vermisst habe. Dennis, einer meiner besten Freunde, mit dem ich mittlerweile auch eine Ausstellungsagentur führe, brachte mich dann zum Fußball. Addicted!
Fußballer werden oft als oberflächliche, vielleicht sogar prollige und einfache Stereotypen dargestellt und wahrgenommen. Du hast definitiv eine andere Perspektive. Wie ist deine visuelle Herangehensweise?
Hinter jeder Person, die im öffentlichen Leben agiert, steckt ein ganz normaler Mensch. Fußballer wurden Fußballer, da sie in ihrer Kindheit und Jugend mit Disziplin ihrem Talent nachgegangen sind. Davor habe ich enormen Respekt. Wenn sie das nicht gemacht hätten, wären sie jetzt vielleicht Architekten, Krankenpfleger oder Musikproduzenten. Und genau das ist das Interessante hinter jedem Celebrity – auch fernab vom Fußball. Mit meiner Fotografie möchte ich die „wahre Seite“ des Gegenübers zeigen. Klingt sehr kitschig, aber das ist tatsächlich das, was mich am meisten inspiriert und visuell motiviert. Im Fußball gibt es, wie in jeder Branche, komplett verschiedene Charaktere – das ist ganz normal. Wie langweilig wäre es bitte, wenn dies nicht so wäre?
Was möchtest du mit deiner Arbeit ausdrücken?
Mir ist es wichtig, die wahre Persönlichkeit meines Gegenübers in einer Momentaufnahme festzuhalten. Ich möchte mit einem Portrait eine Emotion verbildlichen und mit einer Portraitserie eine Geschichte erzählen. Mein Ziel ist es, dass der Betrachter sich genauso von der Person inspiriert fühlt, wie ich es in diesem Moment gefühlt habe. Jeder hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Tatsächlich jeder – ganz egal ob es ein Schauspieler, die Dame vom Bankschalter, ein Gärtner, ein Künstler oder ein Profifußballer ist. Jedes Shooting ist eine neue Herausforderung. Bei jedem Shooting ist es jedes Mal mein Ziel, so authentisch, nah und persönlich wie möglich zu fotografieren.
Was waren deine letzten fußballbezogenen Projekte?
Das waren in den letzten zwei Jahren tatsächlich einige. Zum Beispiel haben wir mit unserer Ausstellungsagentur „Hundertfeuer” 2018 eine Kampagne namens „Bruderherz“ initiiert. Wir haben zur WM 2018 den Geschwistern von Nationalmannschaftsmitgliedern ein Gesicht gegeben und sie gebeten einen persönlichen Brief an ihren Bruder zu schreiben. Letztendlich wurden die Portraits und die Briefe in deutschen Hauptbahnhöfen ausgestellt und die Briefe haben wir vor dem WM-Start in das DFB Trainingslager geschickt. Das war echt eine coole und emotionale Produktion und hat wirklich großen Spaß gemacht. Ansonsten arbeite ich viel mit kommerziellen Kunden, die mit Fußballvereinen Sponsoren-Kampagnen realisieren. Sei es die Hylo-Eyecare-Kampagne mit dem FC Bayern München, die Hyundai-Kampagne mit Hertha BSC oder eine Nike-Trainingskollektion zusammen mit Red Bull Leipzig.
Wie war die Arbeit an diesen Projekten?
Sehr abwechslungsreich. Genau das liebe ich auch an meinem Beruf. Kein Tag ist wie der andere. Jede Produktion ist anders. Sozusagen macht man bei jedem Shooting ein kleines Praktikum, da man in eine komplett neue Welt eintaucht. Bei den oben genannten fußballbezogenen Projekten habe ich sehr gerne mit den Fußballern zusammengearbeitet. Die meisten Fußballer sind extrem locker drauf, man ist sofort auf einem Nenner und jeder hat Lust, das beste Ergebnis aus dem Shooting herauszuholen. Ich mag den Vibe dahinter.
In heutigen Zeiten von Social Media und Smartphone-Fotografie sind Fotos ein schnell konsumiertes Gut, an dem man vorbeiscrollt und das man kaum noch wertschätzt. Was macht deiner Meinung nach ein gutes Foto aus, das das Vorbeiscrollen unterbricht und zum Anschauen anregt?
Diese wahnsinnige Informationsflut ist das größte Problem unserer heutigen Gesellschaft. Täglich nehmen wir online und offline über zigtausende Werbebotschaften wahr. Sei es auf Instagram, auf Facebook, an der Bushaltestelle, abends beim Fernsehschauen oder eine stille Produktplatzierung in der neuen Netflix-Serie – überall werden wir mit Brands, Slogans und „Must have“-Produkten bombardiert. Unser Kopf kommt da schon lange nicht mehr hinterher. Heutzutage ist Aufmerksamkeit die wichtigste Währung im Internet. Ich finde, es liegt in unserer Verantwortung, das Beste aus diesen Werbebotschaften rauszuholen. Ein gutes Foto muss ästhetisch sein und einen besonderen Look haben. Es muss eine Geschichte erzählen und die Emotion, die man selbst als Fotograf gefühlt hat, muss überspringen. Wenn man es schafft, dass sich jemand aufmerksam Zeit für dein Foto und die Message nimmt, dann hast du das Ziel erreicht.
Wie macht man ein inspirierendes Foto?
Ich befasse mich gerne mit der Person, die ich fotografiere. Falls es zeitlich möglich ist, verbringe ich sehr gerne vor dem Shooting Zeit mit meinem Gegenüber, sodass ich mehr Persönlichkeit in das Foto bringen kann. Eine gewisse Lockerheit und gegenseitiges Vertrauen ist eine sehr gute Basis. Wenn sich alle am Set wohl fühlen, dann spürt man den Vibe enorm in dem fertigen Foto. Wenn dann noch die Location, das Styling, die technische Umsetzung und das Konzept passen, dann ist das final für mich ein inspirierendes Foto.
Im Zuge von Covid-19 machen wir uns alle Gedanken darüber, wie wir unsere Arbeit noch digitaler gestalten können. Wie ist deine Antwort auf diese Herausforderung als Fotograf?
Klar, auch in der Werbebranche spürt man die Auswirkungen der Pandemie ordentlich. Bei mir wurden viele geplante Jobs abgesagt. Es ist aktuell für jeden von uns ein großer Ausnahmenzustand mit gewissen Unsicherheiten. Aber ich finde die aktuelle Zeit während der Pandemie dennoch sehr spannend. Jeder hat auf einmal Zeit zum Nachdenken. Nahezu jeder überdenkt alte Verhaltensmuster und ist bereit, neue technische Wege einzugehen. Es eröffnen sich viele neue Wege fernab von der „Das macht man halt so“-Attitüde. Gewisse Workflows werden komplett verworfen und optimiert. Ich hoffe, dass viele Termine, Abstimmungen und Pre-Production-Meetings in einem simplen Videocall abgehalten werden können. Das ist für jeden um einiges zeiteffizienter und zudem sparen wir massiv CO2 ein – für alle ein Win-win. Selbst ich habe in den letzten Wochen enorm meinen Workflow optimiert und überarbeitet – es kann also wieder losgehen!
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