Der Künstler und Fotograf Alexander Basile hat David Alaba für das Cover der ersten deutschen Ausgabe von Life After Football fotografiert. Alaba kennt man im Trikot auf dem Platz, aber auch über seinen Instagram-Account in stilvollen Outfits. Seine Leidenschaften liegen neben dem Fußball auch in der Mode, Musik und im Glauben. Diese anderen Seiten hat Alexander Basile visuell eingefangen.
Wir haben mit Alexander über seine Zusammenarbeit mit David Alaba und seine sonstige Beziehung zum Fußball gesprochen.

Portrait, Installationsansichten, Museum Morsbroich, 2019
Stell dir vor, du sprichst mit jemandem, der noch nie ein Foto oder ein Video von dir gesehen hat. Wie beschreibst du deine Arbeit und Herangehensweise?
Ich arbeite mit Bildern – ob das nun Fotos, Filme, Bücher oder ganze Ausstellungen mit meinen oder Arbeiten anderer Künstler*innen sind. Mich faszinieren Fotografien oder Bilderzeugnisse und wie sie im wechselnden sozialen Kontext betrachtet und verstanden werden.



Wie hat es mit dir und der Fotografie angefangen?
Da musste ich gerade selbst in einem alten Vice Magazin Interview nachlesen. Es war wohl 1997. Ich hatte nicht so viel Lust auf Schule und dazu noch ständig Bänderrisse vom Skaten auf der Domplatte. Ums Eck war die Walter König Kunstbuchhandlung, hier in Köln. Da bin ich früh über Fotobücher von Eugene Richards und anderen Künstlern gestoßen. Es fühlte sich alles so einmalig an. Und nachdem in Köln das Skaten auf der Domplatte verboten wurde und die Curbs abgesägt wurden, wusste man auch, dass die Zeit tatsächlich einmalig war. Jetzt befindet sich meine Fotoarbeit „Domplatte, Cologne, Germany – 2005“ in der städtischen Sammlung der Stadt Köln und hängt im Konferenzraum des Kulturamtes der Stadt Köln. Wie sich die Dinge doch wandeln, oder?

Alexander Basile, Domplatte, Cologne, Germany, 2005
Manchmal schneller als erwartet. Wann und wodurch kam dann der Bereich Video dazu?
Über mehr als zehn Jahre hinweg habe ich die Kampagnen für Carhartt WIP realisiert. Erst die Skateboard-Kampagnen, dann die globalen Fashionkampagnen. Ab 2011 gab es dann erste Videos, mal mit der VHS-Kamera gedreht, mal mit einer 4K-Kinokamera. Das war aus heutiger Sicht sehr früh, die Brands wussten oftmals nicht, wohin mit den Clips. Da gabs noch keine Social Media Manager oder ähnliches. Gesehen haben die Videos entsprechend wenige, aber einige Jahre später gestand mir ein Freund im Vertrauen, dass selbst Brands wie Palace davon stark beeinflusst waren. Wie auch immer, Bewegtbild ist für mich eine logische Ergänzung zu dem, was ich mache und was mich interessiert, deswegen haben wir 2014 Content Agentur WE OWN YOU gegründet. Zudem liebe ich Filme und insbesondere die Arbeit von Leuten wie Terence Malick, Denise Villeneuve und Xavier Dolan. Bei uns zu Hause darf grundsätzlich nur im Heimkino Film geschaut werden. Laptopfilme sind verboten. Das macht meine Frau dann heimlich, wenn ich nicht da bin.

Alexander Basile, Carhartt, SS, 2011
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Interessierst du dich privat für Fußball?
Fußball verbinde ich ganz stark mit meinem italienischen Vater. Das war unser gemeinsames Ding. Unsere Art der Kommunikation. Champions League, Welt- und Europameisterschaften und natürlich immer die italienische Liga Serie A. Mein erstes Erlebnis war vermutlich das WM-Finale von 1994 und der verschossene Elfmeter von Roberto Baggio, da war ich 13 Jahre alt – was hat mein Vater da geflucht. Zuletzt haben wir dann immer im Hospiz Spiele vom 1. FC Köln geguckt, so lange es noch ging. Mein Vater war durch und durch Calabrese, aber auch ein Kölsche Jung. Mich persönlich fasziniert am Fußball der einzelne Spieler, sein Mindset, die körperliche Präsenz, die geistige Fokussierung auf eine Sache. Besonders im eins gegen eins. Selber habe ich außer in der Schulzeit nur ein einziges Mal auf einem Feld gestanden. Bei einem Spiel vor einigen Jahren haben Kölner Künstler gegen Düsseldorfer Künstler gekickt. Im gegnerischen Team spielte auch einer von den Toten Hosen. Ich hab mich allerdings schon beim Aufwärmen verletzt. Muskelzerrung. Zum Glück! Da ging es echt ziemlich ruppig zu.
Beruflich hattest du bisher noch nichts mit Fußball zu tun. Mode ist ein Kernthema vieler deiner Auftragsarbeiten. Deshalb passte es super, dass du David Alaba, der auch sehr modeaffin ist, für die erste deutsche Ausgabe von Life After Football fotografiert hast. Wie war die Produktion mit ihm?
In den letzten 20 Jahren durfte ich immer wieder mit beeindruckenden Persönlichkeiten zusammenarbeiten und David ist so jemand. Unvoreingenommen, aufmerksam und 100 % committed – und das gepaart mit einer Menge Soul. Genau das möchte ich in so einem Moment durch die Bilder vermitteln. Hier ist jemand, der sich wohl fühlt, mit der Kleidung, die er trägt, aber auch mit dem Setting drum herum. Immerhin waren wir knapp 30 Leute am Set. Der Begriff der Authentizität begleitet schon seit vielen Jahren meine Arbeit. Es ist ein Wort, was ich lange zu akzeptieren verweigert habe und auch heute noch bin ich vorsichtig damit, aber es gibt auf jeden Fall auf einem Fotoset oder auch beim Film eine Stimmung, die in dem Moment passt oder eben so gar nicht funktioniert. Das liebe ich so an meiner Arbeit.



Inwiefern war es anders, einen Profifußballer zu fotografieren als eine Person, die sonst vor deiner Kamera steht?
Es gibt da etwas, was mich bei Profifußballern und anderen Spitzensportlern total in den Bann zieht: eine gewisse geistige und körperliche Präsenz. Das empfinde ich im positiven Sinn auch als Herausforderung. Hier ist jemand, der das bisschen Freizeit, das er an diesem Tag hat, für dein Shooting aufwendet. Das respektiere ich sehr. Es motiviert mich dazu, alles zu geben. Einmal lief es auch alles komplett anders: Als ich das erste Mal 2004 mit Pontus Alv, einem „Star“ und Eigenbrötler der Skateboardszene für ein Shooting in Malmö, Schweden verabredet war. Da mussten wir erstmal die Kamera weglegen, sind zusammen in die Sauna gegangen und waren danach im Meer schwimmen. Seitdem haben wir viele wunderbare Momente im Leben geteilt. Unvergessen, als wir zusammen in der Mongolei waren und an dem Fotobuch „Dirt Ollies“ gearbeitet haben, mit dem wir anschließend den Deutschen Fotobuchpreis gewonnen haben.

Alexander Basile, JulianDykmans, Ulaanbaatar Mongolia, 2004
In heutigen Zeiten von Social Media und Smartphone-Fotografie sind Fotos ein schnell konsumiertes Gut, an dem man vorbeiscrollt und das man kaum noch wertschätzt. Was macht deiner Meinung nach ein gutes Foto aus, das das Vorbeiscrollen unterbricht und zum Anschauen anregt?
Vor zwei Jahren hab ich in Düsseldorf auf der Digital Konferenz des Kultusministeriums NRW einen Vortrag über Karl Lagerfelds Katze und ihren Instagram-Account gehalten. Eins ist doch klar, alles mit vier Pfoten und zwei flauschigen Ohren wird uns gegenüber immer im Vorteil sein. Das finde ich eigentlich einen spannenden Gedanken, dass Tiere wahrscheinlich die erfolgreicheren Influencer wären!
Wie macht man ein inspirierendes Foto?
Ich saß mal in der Jury einer großen musealen Ausstellung zum Thema Video. Jeder von uns musste circa 300 Videos sichten und bewerten. Nach fünf zufälligen Videos mit dem Thema Natur kam ein trashiges Video an die Reihe. Es war mit dem Handy gefilmt und arbeitete mit Glitzerfiltern. Das fand ich in dem Moment sehr inspirierend, weil es anders war; das Ganze funktioniert aber natürlich auch anders herum. Es gibt also bei all dem, was jeder von uns an Bildern konsumiert, einen Moment, in dem ein Bild anders ist, für einen Moment ausbricht aus den Codierungen des Gesehenen und uns mitreißt.

Alexander Basile, DCMegaRamp, 2004
Deine Fotos werden auch in Galerien und Museen ausgestellt. Wann wird ein Foto zu Kunst?
Es gibt einen Moment, einen Zustand, in dem sich die Welt und das, was wir über sie wissen in einem Bild manifestiert. Damit meine ich jetzt weniger Weltgeschichte, sondern etwas ganz Subtiles oder Persönliches. Dieser Moment ist flüchtig, und somit ist die Zuschreibung „Kunstwerk“ oftmals nicht von Dauer. Zumindest ändert sich der Blick auf ein Bild über die Zeit. In einer meiner Serie namens „Emerging Sculptures” habe ich versucht, solch einen flüchtigen Moment festzuhalten. Diese Serie hängt gerade neben großen Arbeiten etablierter Künstler*innen wie Andreas Gursky oder Bernd und Hilla Becher in der Kunsthalle Düsseldorf. Ob das jetzt aber Kunst ist oder doch weg kann, darf gerne jeder selbst beurteilen. Kunst ist also vor allem ein kulturell geformtes Konstrukt und verlangt eine erprobte Sichtweise. Das verhält sich beim Fußball doch ganz ähnlich. Es braucht als Betrachter eine gewisse Übung, bis man an den Punkt kommt, im Spielaufbau eines FC Barcelonas oder im Dribbling eines Jadon Sancho Kunst zu sehen.
Im Zuge von Covid-19 machen wir uns alle Gedanken darüber, wie wir unsere Arbeit noch digitaler gestalten können. Wie ist deine Antwort auf diese Herausforderung als Fotograf?
Seit vier Jahren arbeite ich an einer Serie mit dem Titel „The Stream of You“. Diese Serie ist ausschließlich für die Online-Präsentation vorgesehen. Wie begreift z. B. ein Skateboarder seine Stadt? Ist er in der Lage, die Architektur zu lesen? Fügt er sich mit seinen Aktionen und Bewegungen in den Flow der Stadt ein? In einer Mischtechnik aus Fotografie und Bewegbild werden Anhand diverser Akteure, welche die urbanen Stadtzentren als Spielwiese begreifen, der Bewegungsrhythmus beispielsweise des Skateboarders und der Stadt im gleichen Maße dargestellt.
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Gleichzeitig arbeite ich gerade an einem neuen Fotobuch. Endlich habe ich mal wieder die Zeit, diesen Prozess zu starten, meine Gedanken durch mein Bildarchiv wandern zu lassen und mir eine Auswahl zurecht zu legen. Ich begreife das Digitale vielmehr als Transitraum und wenn ich mein nächstes gedrucktes Buch in den Händen halte, werde ich davon ein Bild machen und es online stellen, wie zuletzt Virgil Abloh mit seinem wunderschönen Cover zu seinem Buch „Artwork“.
Website von Alexander Basile | Instagram
Website von We Own You | Instgaram

Alexander Basile, Why I Would Never Live In Sicily, ohneTitel, 2013